Arbeiten und jemand Angehörigen betreuen? How to… work & care

Sie arbeitet in einem Teilzeitpensum, macht den Haushalt und kümmert sich um die Kinder. Er arbeitet Vollzeit oder 80%, hilft im Haushalt mit und hat einen freien Tag in der Woche für die Kinderbetreuung reserviert. Dieses Modell, das traditionelle, widerspiegelt die Situation einer Standardfamile in der Schweiz. Es ist eine der meistgewählten Varianten, um die Arbeit und Familie zu vereinbaren.

So ist es auch Standard, dass mit dem Heranwachsen der Kinder, das Pensum der Frau sich kontinuierlich steigert. Wieder stärker im Arbeitsprozess integriert, die Kinder noch nicht komplett selbständig… geschieht das Unfassbare…: bei der Mutter wird eine Demenz diagnostiziert.

Jetzt benötigt die Mutter Hilfe bei der Alltagsbewältigung. Natürlich ist es ausgerechnet die Mutter, die jahrelang bei der Kinderbetreuung Unterstützung geleistet hat. Jemand anderes aus der Familie gibt es nicht, der sich kümmern könnte. Daher wird sich die Frau erneut einer Betreuungsaufgabe stellen. Diesmal ist die Aufgabe indes herausfordernder, da die zu betreuende Person eine erwachsene, mündige Person ist. Sie reduziert also erneut im Job und nach einiger Zeit gibt sie die Erwerbstätigkeit vollends auf. Die Mutter beansprucht zu viel Zeit und Kraft, um nebenher noch arbeiten zu können. Überhaupt war es schwierig im Büro Fehlzeiten zu entschuldigen und das schlechte Gewissen dementsprechend gross, wenn sie nicht an Geschäftsanlässen teilnehmen konnte oder sich wegen eines Arzttermines ihrer Mutter frei planen musste. Die Vorgesetzten bedauerten, dass sie kündigte, da sie wertvolle Arbeit leistete und die Fehlzeiten waren nicht der Rede wert. Jedoch konnte sie es selbst nicht mehr mit ihrem Gewissen vereinbaren. Die Betreuung der Mutter war zu einer zeitintensiven Arbeit geworden und erforderte ihre volle Präsenz.

Finden Sie sich selbst in der Situation wieder? Als Betrieb oder als betroffene:r, betreuende:r Mitarbeitende:r? Sie sind nicht alleine. In der Schweiz leben 600'000 betreuende Angehörige. 2/3 davon sind Erwerbstätig. Tendenz steigend. Dies führt uns die demoraphische Entwicklung vor Augen.

HR-Abteilungen müssen davon ausgehen, dass vom gesamten Mitarbeiterstamm rund 15% Aufgaben der Angehörigenpflege übernehmen. Allerdings sehen wir bereits heute auszugehen, dass die meisten Angehörigen bereits vor einem Pflegefall stark in die niederschwellige Betreuung lternder oder alleinstehender Eltern einbezogen sind, beispielsweise fürs Rasenmähen oder für Änderung eine Versicherung. Die Betreuung startet an einem kleinen Ort. Oft sind Frauen in der Rolle der betreuenden Angehörigen. Sie übernehmen für ihre Nächsten verschiedenste Tätigkeiten, wie Einkaufen, Wäsche waschen, Mahlzeiten zubereiten u.v.m. Oft ist die Arbeit unentgeltlich und sie haben später Einbussen bei der Altersrente in Kauf zu nehmen. Bei starker Belastung sind sie sogar von gesundheitlichen Risiken betroffen und können selbst krank werden.

Es ist von äusserster Wichtigkeit die Arbeit von betreuenden Angehörigen wertzuschätzen und sie anzuerkennen. Oft wird diese Betreuungsarbeit nebenher geleistet. Dies bedeutet eine grosse Belastung und die betroffenen Personen können im Verlauf von sozialer Isolation betroffen sein. Hier sind die Unternehmen ein wichtiger Anker, deshalb auch unser Aufruf an Sie als HR-Verantwortliche: lassen Sie ihre Mitarbeitenden nicht einfach ziehen.

Im Zeitalter des Fachkräftemangels ist es notwendig ihre Mitarbeitenden an das Unternehmen zu binden und halten zu können. Es geht bei jeder Kündigung wertvolles Wissen verloren. Mitarbeitende die von work & care betroffen sind, benötigen die Unterstützung der Unternehmung. Sie müssen spüren, dass sie trotz Ihrer care – Arbeit weiterhin willkommen sind und dass sie ihnen zur Seite stehen. Angebote wie ein Gespräch, Teilzeitarbeit, Home – Office, vermehrte interne Absprachen und Reorganisation der Arbeit könnten in einer solchen Situation hilfreich sein. Beratungsstellen können den betroffenen Mitarbeitenden Lösungsmöglichkeiten aufzeigen, die sie in ihrem Alltag entlasten.

Um betreuende Angehörige im Beruf zu halten, sollten die Unternehmen flexible Arbeitsmodelle einführen und kennen. Für betreuende Angehörige ist es aus gesundheitlichen, sozialen und finanziellen Aspekten ratsam im Erwerbsleben zu bleiben. Die Unternehmen ihrerseits werden mit resilienten Arbeitnehmenden, die sich während einer Belastungsprobe bewiesen haben, belohnt.

profawo unterstützt mit seiner Angebotsmarke «care & co» Unternehmen und betroffene Mitarbeitende in work & care Situationen. Wir beraten individuell, den Bedürfnissen der Situation ensprechend. Nebst Beratungen bietet profawo zudem spannende Präsenz und Online-Veranstaltungen zu verschiedenen Themen im Bereich der Angehörigenbetreuung an. Ebenfalls bieten wir mit dem Modulbaukasten care & co verschiedene Wissensmodule für Ihre Unternehmung an. Die verschiedenen Module können individuell den Wünschen des Betriebs entsprechend, angeboten und durchgeführt werden.

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